Das

Lebuser Land

ist eine dünn besiedelte Region, die sich auf beiden Seiten der Oder zwischen Frankfurt und Küstrin erstreckt. Ausgedehnte Wälder wechseln mit Feuchtgebieten, Feldern und Weiden ab. Die Übergänge zwischen Natur- und Kulturlandschaft verlaufen oft fließend. Ein wesentliches Merkmal dieses Landes ist seine überraschende Vielfalt. Auf kieferbewachsene Erhebungen folgen Sumpf- und Seeniederungen. Mancherorts auf polnischer Seite fällt das Land wie an einer Steilküste tief ab und der Blick wird frei auf den Fluss und die weiten Ebenen des Bruchs. Die von der letzten Eiszeit geprägte Landschaft blieb sehr lange von Menschenhand unberührt. Manche Eingriffe der Neuzeit aber veränderten die ursprüngliche Natur nachhaltig – und schufen nicht nur Lebensräume für Menschen, sondern auch für Flora und Fauna. So ließ Friedrich der Große weite Teile des Warthebruchs roden und trockenlegen, um das Gebiet zu besiedeln. Heute leben – in direkter Nachbarschaft mit Rinderherden und Pferden – in genau dieser Region zahllose Vogel- und Fischarten, die ursprünglich hier nicht heimisch waren. Dieser Artenreichtum an Tieren und Pflanzen macht das Lebuser Land zu einem großen Naturpark, seine Schönheit zu einem besonderen Reiseziel in Europa.

Ob Grenzgebiet, Schlachtfeld, Bistum, Landschaft des Jahres (2003/4), Europaregion - sowohl als auch - unterschiedlichste Interessen trennten und verbanden diese Region und sorgten und sorgen für ein verwirrendes Beziehungsgeflecht. Heute teils in Polen, teils in Deutschland gelegen stellen die verschiedenen Sprachen eine erhebliche Barriere dar, doch stehen dem der politischer Wille entgegen, die historischen kulturellen Verflechtungen mögen beispielhaft in dieser Region das deutsch-polnische Verhältnis befördern, sich West- und Osteuropa freundlich begegnen. Diese alte Kulturlandschaft links und rechts der Oder gehört heute westlich des Flusses zu Brandenburg und östlich davon zu Polen, zur Woiwodschaft Lebus (poln. województwo lubuskie). Das Lebuser Land/Ziemia Lubuska hat seine Anfänge in der Gegend um Oder, Warthe und Neiße in der Gründung eines Bistums. Unter der Regentschaft von Boleslaw III gegründet (etwa 1124), dem Erzbistum Gnesen zugeordnet, sollte es den Einfluss des Kaisers und den des Erzbistums Magdeburg begrenzen.

Ein  polnisches Bistum im Herschaftsbereich der Markgrafen von Brandenburg (seit 1276), damit sind schon in frühester Zeit Konfliktpotential und Chancen der Region skizziert.  Größter Grundherr im Land war lange Zeit der Johanniterorden. Am deutlichsten der Einfluss des Ritterorden in den bauliche Zeugnisse. Seit Anfang des 14. Jahrhunderts gehörte das Lebuser Land zur Mark Brandenburg:  die erste Blütezeit der Mark Brandenburg im 15. Jahrhundert, eine Periode des Wohlstandes, hinterließ vielerorts kleine und große Kunstschätze in Kirchenbauten, Stadtbefestigungen und Rathäusern, vieles davon erst verloren gegangen im letzten Krieg, dessen Spuren hier ebenfalls reich zu finden sind.

Als Teil der Neumark war das Lebuser Land fester Bestandteil des Kurfürstentums, später Königreichs. Bis 1945 gehörte es zur preußischen Provinz Brandenburg (Regierungsbezirk Frankfurt).

Etwas früher schon, 1555,  wurde mit der Reformation das Bistum Lebus aufgelöst. Nach Abschluss der Säkularisierung 1598 entstanden Amt und Domäne Lebus.

Fontane schreibt in den Wanderungen (Das Oderland – Barnim-Lebus) über Lebus und das Land: „ … während das Boot anlegte hatte ich Gelegenheit, die „alte Bischofsstadt“ zu betrachten. Freilich erinnert hier nichts mehr an die Tage früheren Glanzes und Ruhmes. Die alte Kathedrale, das noch ältere Schloss, sie sind hin, und eines Lächelns kann man sich nicht erwehren, wenn man in alten Chroniken liest, dass um den Besitz von Lebus heiße Schlachten geschlagen wurden, dass hier die slawische und die germanische Welt, Polenkönige und thüringische Herzöge, in heißen Kämpfen zusammenstießen, und dass der Schlachtruf mehr als einmal lautete: Lebus oder der Tod.  Unter allen aber, denen dieser Schlachtruf jetzt ein Lächeln abnötigt, stehen wohl die Lebuser selbst obenan. Ihr Stadtsiegel ist ein Wolf mit dem Lamm im Rachen; die neue Zeit ist der Wolf und Lebus selbst ist das Lamm. Mitleidslos wird es verschlungen. Lebus, die Kathedralenstadt, ist hin, aber Lebus, das vor dreihundert Jahren einen fleißigen Weinbau trieb, existiert noch. Wenigstens landschaftlich. Nicht dass es noch Wein an seinen Berglehnen zöge, nur eben der malerische Charakter eines Winzerstädtchens ist ihm erhalten geblieben.“

Seit 1995 gibt es eine Heimatstube in Lebus, die diese Geschichten bewahrt und vermittelt.